Ausfluss - vollkommen normal und trotzdem tabuisiert, warum?
Ein wesentlicher Grund dafür, dass ich eine eigene Unterwäschemarke gegründet habe, war mein Ausfluss. Bitte, was? Ja, genau, mein Ausfluss. Die weißlich-klare Flüssigkeit, die aus der Vagina kommt und im Slip landet. Nur, dass in meinem Fall mein Ausfluss überall war, nur nicht in dem dafür vorgesehenen Zwickel (die doppelte Stofflage an der Vulva).
Doch darüber möchte ich gar nicht so viel reden. Ich möchte eher darüber reden, dass es mir bis heute manchmal schwer fällt, “Ausfluss” zu sagen (genau so wie “Vulva” übrigens) und was dahinter steckt.
Vaginaler Ausfluss ist vollkommen natürlich. Er gehört zu einer geschlechtsreifen Vagina so wie Intimbehaarung zu einer Vulva. Ausfluss ist ganz nüchtern betrachtet Schleim, den die Scheide absondert. Das passiert natürlich aus gutem Grund. Zum einen wird durch den Ausfluss überflüssiger Schleim aus Gebärmutter und Scheide ausgestoßen. Zum anderen beinhaltet der Ausfluss Milchsäurebakterien, die ein leicht saures Milieu in der Scheide erzeugen, um Bakterien, Viren und andere Eindringlinge abzuwenden. Außerdem hält Ausfluss Spermien vor dem Eindringen in die Gebärmutter ab, wenn diese zyklusbedingt nicht bereit ist. Unheimlich smart also.
Der Ausfluss gibt darüber hinaus Aufschluss über zwei weitere wichtige Aspekte. Im Verlauf des Zyklus verändert sich die Konsistenz vom Ausfluss und gibt so Hinweise darauf, an welcher Stelle der Zyklus ist. Beispielsweise ist der Ausfluss vor dem Eisprung klebrig, weiß und cremig. Um den Eisprung herum sieht er eher eiweißartig und durchsichtig aus. Als interne Informationsstelle ist der Ausfluss also ein hervorragendes Mittel.
Der Ausfluss kann aber noch mehr. Sobald eine Krankheit oder eine Infektion vorliegt, ist der Ausfluss ein äußerst zuverlässiger Indikator. Wer schon mal eine Pilzinfektion hatte, erinnert sich sicherlich an weißen, körnigen Ausfluss. Auch bei Geschlechtskrankheiten macht sich der Ausfluss unmittelbar bemerkbar durch eine Veränderung der Farbe, der Konsistenz oder des Geruchs.
Wie cool ist das bitte? Es macht also total viel Sinn, den eigenen Ausfluss kennenzulernen und zu verstehen, was uns unser Körper sagen möchte. Und genau hier liegt das Problem. Anstatt unseren Ausfluss zu feiern und ihn sprichwörtlich in- und auswendig zu wissen, flüstern wir vor vorgehaltener Hand, dass “etwas da unten rauskommt”. Ich meine, wer spricht schon offen über den eigenen Ausfluss mit Freund:innen oder innerhalb der Familie?
Für viele ist Ausfluss etwas total Intimes. Weder kennen wir unseren Ausfluss besonders gut noch besprechen wir unsere Fragen offen mit anderen. Wir greifen lieber schnell zur Slipeinlage, damit wir das Zeug auffangen und danach nichts mehr damit zu tun haben müssen. Unseren Partner:innen gegenüber ist uns der Ausfluss fürchterlich peinlich und wir versuchen mit allen Mitteln unsere ”beschmutzten” Slips zu verstecken. Das ist doch irgendwie verrückt.
Es geht gar nicht darum, unseren Ausfluss der gesamten Welt ins Gesicht zu stecken. Was ich mir wünsche, ist, dass wir unseren Ausfluss mit Neugierde studieren und verstehen, was er uns sagen will. Dass wir ihn für seine krassen Fähigkeiten feiern und dankbar sind, dass es ihn gibt. Dass wir uns nicht dafür schämen, “Rückstände” im Slip zu haben, sondern diese als ganz normal betrachten. Vielleicht sogar ein wenig als Kunst.
Wie kommen wir dahin? Ich glaube, Veränderung beginnt immer mit uns selbst. Solange du deinen Ausfluss als eklig und widerlich empfindest, wirst du andere schwer vom Gegenteil überzeugen können. Es fängt schon damit an, einfach mal hinzugucken und wirklich wahrzunehmen, wie der eigene Ausfluss aussieht und riecht. Es gibt unzählige Zyklus-Tracking Apps, mit denen du Stück für Stück lernen kannst, wie dein Ausfluss sich verändert und was dahintersteckt. Sobald du dich etwas sicherer fühlst, können Gespräche mit anderen dabei helfen, das Thema zu normalisieren und zu enttabuisieren.
Ich bin neugierig, wie gut kennst du deinen Ausfluss?
1 Kommentar
Das ist ein wirklich toller Blog Post! Du hast absolut recht und bei allen Punkten habe ich mit dem Kopf genickt! Wir müssen unseren Körper und die einzigartigen Fähigkeiten die er besitzt feiern! Danke Regina dass Du uns dazu bringst offener darüber zu reden!
Desiree G
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